Sport

Als der Rote Hügel „Uwe, Uwe“ rief

Der 65-jährige Uwe Heinzelmann erinnert sich an die Gänsehaut-Momente seiner Fußballer-Laufbahn. Der 65-jährige Uwe Heinzelmann schnürte einst für Wismut Gera und Fortschritt Weida die Fußballschuhe. Foto: Jens Lohse

Erschienen am 28.10.2022

Von Jens Lohse 

Zweimal hatte Uwe Heinzelmann auf dem Fußballplatz Gänsehaut. Das weiß der einstige DDR-Liga-Kicker noch genau, der am 27. Oktober seinen 65. Geburtstag feierte. „Das war einmal im Oberliga-Aufstiegsspiel 1983 mit Wismut Gera bei Chemie Leipzig, als im Leutzscher Georg-Schwarz-Sportpark gefühlt 10.000 Gastgeber-Fans ein grün-weiße Wand bildeten und so einen Krach machten, dass ich auf dem Platz mein eigenes Wort nicht mehr verstand", erinnert sich der einstige Mittelfeldspieler. Das Spiel ging prompt mit 1:4 verloren. Wismut hatte zu diesem Zeitpunkt 2:8 Punkte auf dem Konto. Ein Aufstieg war längst abgehakt, ehe die Geraer aus den letzten drei Spielen 5:1 Zähler holten und noch auf Rang drei vorrückten. Uwe Heinzelmann traf beim 6:2 gegen Schifffahrt/Hafen Rostock ins Schwarze. Den zweiten Gänsehaut-Moment hat Uwe Heinzelmann ebenfalls noch bestens in Erinnerung. Es war der 31. Oktober 1987 auf dem Weidaer Roten Hügel. Heinzelmann war 1986 in die Osterburgstadt gewechselt. Fortschritt Weida kickte damals noch in der Bezirksliga, hatte Lutz Lindemann als Trainer geholt und wollte unbedingt wieder in die DDR-Liga aufsteigen. Zur Verstärkung kamen mit Michael Hache, Frank Delling und Thomas Lauke drei Kicker von Sachsenring Zwickau. Der Aufstieg gelang und Weida sorgte vor allem im FDGB-Pokal für Furore. In Runde eins warf man mit Stahl Riesa bereits einen Oberligisten aus dem Rennen. Zum 3:0-Erfolg steuerte auch Uwe Heinzelmann einen Treffer bei. „Das war das schönste Freistoßtor meiner Laufbahn. Riesas Torwart Claus Boden - viele Jahre auch bei Dynamo Dresden im Kasten und international erfahren - rechnete mit einer Flanke. Ich habe den Ball aber schlitzohrig aufs kurze Eck gezogen. Mein 2:0 gab uns noch mehr Sicherheit, ehe Thomas Lauke mit dem dritten Treffer alles klar machte", so Uwe Heinzelmann.

Doch Gänsehaut gab es erst wieder am letzten Oktober-Tag 1987. In Runde zwei empfing die BSG Fortschritt Rekord-Pokalsieger 1. FC Magdeburg. 2800 Zuschauer sorgten für Hexenkessel-Atmosphäre. Weida bot dem haushohen Favoriten Paroli, zwang die Elf von Trainer Achim Streich ins Elfmeterschießen. „Als etatmäßiger Strafstoßschütze musste ich als Erster ran. Frank Siersleben hatte Magdeburg in Führung gebracht. Die ´Uwe, Uwe'-Rufe der 2500 Weidaer im Stadion auf meinem Weg vom Mittelkreis zum Elfmeterpunkt werde ich mein Lebtag nicht vergessen", sagt Uwe Heinzelmann, der den 1,94 m großen Nationaltorhüter Dirk Heyne mit einem Schuss an den Innenpfosten bezwang. Wenig später hatte der Gastgeber die Magdeburger mit 9:8 bezwungen. Die Fans waren nicht mehr zu halten, stürmten den Platz. „Wir hatte eine gute Truppe damals beisammen. Thomas Runkewitz im Tor konnte an guten Tagen mit entsprechendem Selbstvertrauen alles halten. Stürmer Volker Wengler hatte ohnehin Oberliga-Format", lobt Heinzelmann seine damaligen Mitspieler.

Als gebürtiger Geraer hatte Uwe Heinzelmann bei den Knaben von Wismut Gera III unter Trainer Richard Grund mit dem Fußball begonnen. Meist spielte er aufgrund seines Talents schon eine Altersklasse höher. Zweimal erreichte er mit Wismut-Nachwuchsteams die Endrunde um die DDR-Meisterschaft, bei denen die Geraer die Ränge sieben und elf belegten. 1974 - mit 17 Jahren - hatte Uwe Heinzelmann schon seinen ersten Einsatz in der Wismut-Reserve. 1977/78 bestritt er alle 26 Saisonspiele in der Nachwuchsoberliga, ehe er ab 1978/79 bei den Geraern als Stammspieler galt. Erster Höhepunkt war die Oberliga-Aufstiegsrunde 1980. Uwe Heinzelmann traf beim 1:3 bei Hansa Rostock ins Schwarze, ehe er zwei Tage nach dem 0:0 daheim gegen Energie Cottbus zur Armee einberufen wurde. Eineinhalb Jahre kickte er bei Vorwärts Kamenz zusammen mit vielen einstigen Dresdner Dynamo-Kickern. Im Oktober 1981 kehrte er zur Wismut zurück.

Das Jahr 1982 war von zwei schweren Knieverletzungen geprägt, die zu einem Karriereknick führten. „Ich habe mich nochmals aufgerappelt, in der Oberliga-Aufstiegsrunde 1983 auch beim 2:1-Sieg bei Stahl Brandenburg getroffen. Aber irgendwie bin ich die Angst vor einer erneuten Verletzung im Unterbewusstsein nicht mehr los geworden, war nicht mehr frei im Kopf", so Uwe Heinzelmann, der 1986 nach Weida ging, später über die Prager Botschaft in den Westen flüchtete und noch sieben Jahre beim VfB Marsberg im Sauerland die Schuhe schnürte.

„Ich habe dem Sport viel zu verdanken. Die Mühen haben sich gelohnt. Ich denke gern an diese Zeit zurück, habe persönlich erreicht, was ging. Mit etwas mehr Schnelligkeit hätte ich auch den Sprung in die DDR-Oberliga schaffen können", zieht Uwe Heinzelmann ein positives Fazit seiner Fußballer-Laufbahn. Die beiden Gänsehaut-Momente wird er ohnehin nie vergessen.

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