Gesellschaft

Das Leben ist der beste Stoff

Martin Löffler (l.) vom gleichnamigen Baustoffzentrum unterstützt die pädagogisch-therapeutischen Einrichtung der Jugendhilfe im Landkreis Greiz mit drei Schubkarren. Darüber freuen sich Leiterin Anne Müller und Arbeitstherapeut Mike Arlt. Foto: Jens Lohse

Erschienen am 29.10.2024| Jahrgang: NG 22/24

Von Jens Lohse

Gera (NG). Das Leben in einer pädagogisch-therapeutischen Einrichtung der Jugendhilfe ist für die Betroffenen zunächst kein Zuckerschlecken. Schon gar nicht, wenn es der Krisenintervention dient.
Das suchtspezifische Angebot der Wohngemeinschaft in einem Dorf im Landkreis Greiz richtet sich an männliche Jugendliche im Alter zwischen 13 und 21 Jahren. Zwölf Plätze stehen bereit. Direkt nach der Entgiftung in einer Klinik werden die aus ganz Deutschland kommenden Jungen hier aufgenommen, könnnen Kraft tanken, die Vergangenheit aufarbeiten und in aller Ruhe ihre Zukunft planen. Alles läuft über die zuständigen Jugendämter. Oft wird von Richtern „Therapie statt Strafe" angeordnet. Die meisten haben trotz ihres jugendlichen Alters schon Schlimmes erlebt.
Über zwei bis vier Jahre streckt sich der geschützte Aufenthalt, in denen den betroffenen Jugendlichen wieder eine geregelte Tagesstruktur vermittelt wird. „Das alles braucht Zeit. Wir wollen den Jugendlichen eine neue Lebensperspektive eröffnen. Arbeits- und Ergotherapie, Küche und Hauswirtschaft stehen auf dem täglichen Programm. Die Beschulung findet direkt in unserer Einrichtung statt, so dass die Jugendlichen auch ihren Schulabschluss nachholen können", berichtet Einrichtungsleiterin Anne Müller, die Sozialpädagogik studiert hat und hier schon knapp 20 Jahre tätig ist, und ergänzt: „Im Anschluss an den Aufenthalt vermitteln wir auch Lehrstellen. Das Handwerkszeug haben die Jungen hier an die Hand bekommen. Was sie daraus machen, liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen."
Sozial-, Sucht- oder Arbeitstherapeuten, Erzieher und Heilpädagogen arbeiten in der Einrichtung. Insgesamt acht Mitarbeiter sind mit viel Herzblut bei der Sache. „Das ländliche Umfeld bietet beste Voraussetzungen. Der nächste Bahnhof ist weit weg. Auch im Ort sind wir sehr gut angekommen. Das Zusammenwirken mit den Nachbarn funktioniert. Wir wurden sehr wohlwollend aufgenommen", erzählt die 43-Jährige. Die Eltern dürfen die Jugendlichen zweimal im Monat an den Wochenenden besuchen. Nach frühestens einem Jahr dürfen die Jungen auch nach Hause fahren.
Sport spielt eine große Rolle. Es gibt einen Volleyballplatz, einen Basketballkorb. Der Fitnessraum bietet die Gelegenheit zum Kraftsport und zum Spinning. Radtouren werden unternommen. Zum Fußball darf der ortsnahe Rasenplatz des dortigen Sportvereins genutzt werden.
Auf dem Gelände des ehemaligen Pfarrhauses sind auch viele Tiere beheimatet. Es gibt Schafe, Hasen, Hühner und Gänse, die eigenständig versorgt werden. Auch Gemüse wird selbst angebaut. Geheizt wird durchweg mit Holz. „Wir wollen die Jugendlichen erleben lassen, dass ein Leben auch ohne Drogen lebenswert ist und Spaß macht, denn wir sind überzeugt: Leben ist der beste Stoff!", sagt Anne Müller, die sich dennoch nichts vormacht.
Die Erfolgsaussichten sind ernüchternd. Nur einer von zehn Jugendlichen schafft es, sich dauerhaft von Drogen fernzuhalten. „Aber die positiven Beispiele bleiben natürlich in Erinnerung. So leitet einer unserer ehemaligen Jugendlichen heute einen Kindergarten", verrät sie stolz.
Für eine Projektwoche, in der der Hof neu gepflastert werden sollte, bekam man Unterstützung vom Bauzentrum Löffler, das der Einrichtung drei Schubkarren überbrachte und einen preislichen Nachlass bei den Baustoffen gewährte. Überhaupt ist das Bauzentrum Gebrüder Löffler, das sieben Niederlassungen in der Region betreibt, sozial sehr engagiert.
Statt Weihnachtsgeschenken durften die Mitarbeiter im letzten Jahr 500 Euro pro Niederlassung an ein selbst ausgewähltes soziales Projekt spenden. U.a. wurden „Wir für Weida", „Wendepunkt e.V.", die Kinderkrebsstiftung Vogtland, ein Jugendheim oder eine integrierte Kindertagesstätte bedacht. „Diese Idee soll in diesem Jahr fortgeführt werden", blickte Martin Löffler, geschäftsführender Gesellschafter schon einmal voraus.
In der pädagogisch-therapeutischen Einrichtung freute man sich unterdessen über die Unterstützung. Die Schubkarren wurden gleich einem ausführlichen Praxistest unterzogen.

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