Politik

Emotionale Zeitreise durch 125 Jahre

Ein besonderer Moment zur 125-Jahr Feier: Die 16 Frauen und Männer, die für ausgewöhnliches und jahrzehntelanges ehrenamtliche Engagement von Kammerpräsident Wolfgang Jacob (links) und Karsten Sachse, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Ostthüringen (rechts) ausgezeichnet wurden. Foto: André Kühne

Erschienen am 29.10.2025| Jahrgang: NG 22/25

Gera (NG). Am 18. Oktober 1900 wurde die Gemeinsame Handwerkskammer zu Gera gegründet. Auf den Tag genau 125 Jahre später hatte die Handwerkskammer für Ostthüringen zu einer Festveranstaltung ins Bio-Seehotel Zeulenroda eingeladen. Im Mittelpunkt der Jubiläumsfeier stand dabei das Ehrenamt des Ostthüringer Handwerks.
Karsten Sachse, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Ostthüringen eröffnete die Feierstunde und betonte, dass ganz bewusst auf Einladungen an die Politik verzichtet, sondern die ehrenamtliche Arbeit der vielen Handwerker in den Mittelpunkt gerückt wurde.
Der Präsident der Handwerkskammer, Wolfgang Jacob, ging in seiner Festrede auf das stolze Jubiläum und das damit verbundene Ehrenamt ein. Man stelle sich einmal vor, es gäbe keine Ehrenamtlichen im Handwerk. Keine Prüfungsausschüsse, die mit Sachverstand und Herzblut Prüfungen abnehmen. Keine Vollversammlung, die demokratisch über die Ausrichtung der Kammer entscheidet. Keine Obermeister und Kreishandwerksmeister, die vor Ort das Handwerk vertreten. Wie würde das Handwerk dann aussehen? „Genau hier zeigt sich die unermessliche Bedeutung des Ehrenamts. Es ist kein schmückendes Beiwerk; es ist die tragende Säule unseres Systems", so Wolfgang Jacob.
All diese ehrenamtlichen Leistungen sind nicht mit Geld aufzuwiegen. Die ehrenamtlichen investieren Zeit – wertvolle Lebenszeit. Zeit, die sie ihren Familien, ihrem Betrieb oder sich selbst nehmen. Und sie tun das nicht, weil es einfach ist, sondern weil sie überzeugt sind: Das Handwerk ist es wert.
Gleichzeitig machte der Kammerpräsident eines deutlich: Ehrenamt darf nicht selbstverständlich sein. Es braucht Wertschätzung – in der Gesellschaft und in der Politik. „Wir brauchen Rahmenbedingungen, die es erleichtern, sich ehrenamtlich zu engagieren: flexible Lösungen, Anerkennung und Unterstützung. „Wer Verantwortung im Ehrenamt übernimmt, leistet einen Dienst für das Gemeinwohl. Und dieser Dienst muss sichtbar und spürbar anerkannt werden", richtet Wolfgang Jacob seine klare Forderung auch an die Politik.
125 Jahre Handwerkskammer für Ostthüringen – das ist ein Anlass, mit Stolz zurückzuschauen. Doch es ist auch ein Anlass, mutig nach vorn zu schauen. Die Botschaft dabei ist klar: Solange es Menschen gibt, die bereit sind, Verantwortung im Ehrenamt zu übernehmen, hat das Handwerk eine Zukunft.
„Sie liebe Ehrenamtliche, sind die stillen Helden des Handwerks. Ohne Sie gäbe es keine Prüfungen, keine starke Interessenvertretung, keine funktionierende Selbstverwaltung", so Wolfgang Jacob. „Sie sind Vorbilder, weil Sie nicht nur über Verantwortung reden – Sie übernehmen sie auch", leitete er über zu einer emotionalen Bilderreise.
125 Jahre Handwerkskammer in Ostthüringen – die Bilder, die die Gäste aus der wechselvollen Geschichte zu sehen bekamen, weckten Erinnerungen, zeigten manch Überraschendes und verdeutlichten, was das Handwerk in den zurückliegenden 125 Jahren alles bewegt hat. Dabei ging die Reise von der Gründung im Jahr 1900 über den bekannten Maler Otto Dix aus Gera, der selbst Handwerker war und seine Gesellenprüfung im Jahr 1910 vor der Maler- und Lackiererinnung Gera ablegte. Auch der neue Verwaltungssitz der Handwerkskammer, der im Jahr 1926 eingeweiht wurde, die Zeiten der Umstrukturierung und Zentralisierung in den 30er Jahren, die Nachkriegszeit, die Reorganisation des Kammerwesens in den 50er Jahren und die Situation des Handwerks während der DDR-Zeit fanden ihren Niederschlag. Natürlich wurde ebenso auf die jüngere Zeit eingegangen. Nicht zu vergessen der große Umbruch 1989/1990 mit der ersten demokratisch gewählten Vollversammlung. Der Aufbau des Bildungswesens in den 90er Jahren zeigte sich ebenso in den Bildern, wie die Vielzahl der Meisterfeiern oder die unzähligen großen Veranstaltungen zum bundesweiten Tag des Handwerks in den 2000ern.
Emotional wurde es auch anschließend bei der Auszeichnung besonders langjährig verdienter Handwerker, Berufsschullehrer und Ausbilder, die sich im Ehrenamt herausragende Verdienste erworben haben.
Ausgezeichnet wurden:
Ullrich Buff aus Caaschwitz und Rolf Fischer aus Tautenburg, die beide unter anderem über 25 Jahren als Arbeitgebervertreter in der Vollversammlung der Handwerkskammer für Ostthüringen mitgewirkt haben.
Gerd Meyer aus Gera für seine über 20jährige ehrenamtliche Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter in der Vollversammlung sowie Zimmerermeister Dieter Schlegel aus Gera für 35 Jahre Arbeit im Bau- und Vergabeausschuss der Handwerkskammer.
Michael Möbius (Gera), Götz Patzer (Jena), Frank Lengert, Uwe Auerbach (beide Gera), die teilweise fast 30 Jahre im Berufsbildungsausschuss der Handwerkskammer und teilweise als Arbeitnehmervertreter in der Vollversammlung überaus großen Einsatz gezeigt haben.
Aus den Meister- und Gesellenprüfungsausschüssen wurden für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement Dr. Thomas Heyn (Zeulenroda-Triebes), Ralf Kirst (Gera), Siegfried Jahn (Saalfeld), Thomas Gündel (Weida), Gerd Liebold (Langenwolschendorf), Ingo Grimm (Zedlitz), Ria Göbner (Bürgel) und Mathias Seiß (Töttelstedt) ausgezeichnet.
Sie alle erhielten die Ehrenurkunde der Handwerkskammer und die Ehrenamtsstele als bleibende Erinnerung. „Die Auswahl fiel uns nicht leicht, denn eigentlich hätten alle ehrenamtlich Tätigen im Ostthüringer Handwerk eine besondere Würdigung verdient", betonte auch Katja König, die als stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer für diese emotionalen Momente die passenden Worte für die Ausgezeichneten fand.
Den Ausklang fand die Festveranstaltung im Anschluss mit einem Austausch von Erinnerungen, Anekdoten aus den zurückliegenden Jahrzehnten und tollen Gesprächen an einem Nachmittag, der vielen der den Handwerkern sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.

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