Kultur

Ernstes und Skuriles zur Wiedervereinigung

Ausstellung im Kulturbund Gera blickt auf 30 Jahre Deutsche Einheit

Erschienen am 26.11.2020

Am 3. Oktober jährt sich zum 30. Mal die Deutsche Wiedervereinigung. Gerade in den letzten Wochen wird viel über Gelungenes und nicht ganz so Positives in den Medien berichtet. Vieles wird auf den Prüfstein gestellt. Damals im Jahre 1990 empfand es die Mehrheit der Menschen, insbesondere im Osten Deutschlands, als das erhoffte Ziel der friedlichen Revolution. Aus „Wir sind das Volk" auf den Straßen wurde sehr bald „Wir sind ein Volk". Die Zeit von 1989 bis zur Wiedervereinigung steht im Fokus einer Ausstellung im Kulturbund im Ferberschen Haus, Greizer Straße 39. Eckhard Müller zeigt knapp 600 Exponate aus seinem privaten Archiv, Karten, Dokumente, Fotos und Plakate.

Zu Beginn erinnert er an das Ende des 2. Weltkrieges, die Teilung Deutschland und die Gebietsabtretung. Er zeigt anhand von einer Tafel die fast 1400 Kilometer lange innerdeutsche Grenze. Themen, wie der Mauerbau 1961 in Berlin, das letzte Schlupfloch in die Bundesrepublik und die Zwangsumsiedlung von 1.1 Millionen Menschen aus dem Todesstreifen, führen zum Thema hin. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Mauerfall, der Friedlichen Revolution, den ersten freien Wahlen bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990. „Ich interessiere mich schon sehr lange für Geschichte. Mein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Geraer Stadtgeschichte und der Geschichte der verschiedenen Linien der Familie Reuß", sagt Eckhard Müller, der Vorsitzende des Kulturbundes Gere e.V. „In den 1980-er Jahre arbeitete ich in Ostberlin. Die Zeit der friedlichen Revolution habe ich damals hautnah in Berlin und in Gera miterlebt. Das bewog mich, Dokumente aus dieser Zeit zu sammeln und diese für die Geschichte aufzubewahren", erklärt Müller. So zeigt er in der Ausstellung originale Flugblätter, Zeitungen aus jeden Tagen und Zeitdokumente. Selbst ein, paar Mauerstücke sind darunter. Der Hobbyhistoriker bringt die „Wendezeit" in dieser Ausstellung zurück. Für Menschen, die diese Zeit bewusst erlebt haben kehren Erinnerungen wieder. Der Wahlkampf zu den ersten freien Wahlen zur Volkskammer am 18. März 1990 wird durch Plakate und die Programme der Bürgerbewegungen und der neuen Parteien lebendig. Wer wissen will, welche Alternativen zur Deutschen Einheit noch zur Disposition standen, der wird in diesen Unterlagen fündig. Desgleichen beleuchtet die Ausstellung auch die Kommunalwahl am 6. März 1990 in Gera.

Währungsunion, Einigungsvertrag und die Zwei plus Vier Verträge bilden die Meilensteine zur Wiedervereinigung. Beim genauen Betrachten findet man kleine versteckte Elemente, die die Gefühle der Menschen „hier und drüben" widerspiegeln. „Bundesdeutsche Presseorgane und Verlage sahen die DDR-Bürger nicht immer willkommen in der Bevölkerung. Karikaturen und Satire beschäftigen sich damit", hat Müller recherchiert. Derartige Fotos, Ansichtskarten und Dokumente hat er selbst in Westberliner Geschäften erworben. Da gibt es etwa das Mercedes-Zeichen aus Bananen, Ost- und Westgermanen mit Keulen und der Slogan „Deutschland einig Katerland" zu sehen.
Viele persönliche Erlebnisse hat Eckhard Müller in die Ausstellung integriert. So zeigt er Fotos von seiner Ungarnreise im August 1989. Die Hungerstreikenden in der Berliner Stasi-Zentrale hat er besucht und stellt deren Aufruf aus. Letztlich sei es diesen Menschen zu verdanken, dass die Stasiunterlagen nicht vollends vernichtet wurden, weiß er.

Bis Ende Februar wünscht sich Müller viele interessante Begegnungen mit Zeitzeugen und jungen Leuten, die das gezeigte nur aus der Geschichte kennen. Es möchte gern Workshops mit Zeitzeugen und Politikern für Schülerinnen und Schüler anbieten, die sich mit den vielen Originaldokumenten ein authentisches Bild von den damaligen politischen Ereignissen machen können. Zusammen mit der Geschichtswerkstatt Gera-Lusan werden diese Angebote durch das Bundesprogramm „Demokratie leben" gefördert.
Die Ausstellung ist in den Räumlichkeiten des Kulturbundes Gera noch bis zum 28. Februar 2021 zu sehen. Dienstags, donnerstags und freitags, jeweils von 10 bis 12 Uhr und am Mittwoch von 16 bis 18 Uhr, sowie nach telefonischer Vereinbarung öffnet die Schau. Öffentliche Veranstaltungen und Sonderöffnungen werden in den Medien bekannt gegeben.

 

Wolfgang Hesse

Anzeige

Aktuelle Ausgabe

Neues Gera

Aktuelle Ausgabe

Neues Gera

Nr. 06-2024
vom 20. März

Aktuelle Ausgabe

Neues Gera

Neues Gera

Nr. 05-2024
vom 06. März