Gesellschaft

Geraer Fotocollagen verweben Gestern und Heute in einem Bild

„Lang ist‘s her …“: Frank Rüdiger veröffentlicht einen Fotoband der besonderen Art

Erschienen am 09.12.2021

Seit einigen Jahren hat Frank Rüdiger damit experimentiert. Die ersten Collagen erschienen bereits im Jahre 2015 in einer seiner Publikationen. Entdeckt hat er diese Verschmelzung vom Gestern und Heute in einer englischen Tageszeitung. Vor der Pandemie verbrachten seine Frau Ulla und er jedes Jahr mehrere Monate in England. Das Ticket für 2021 liegt schon bereit, und beide hoffen den Jahreswechsel in der britischen Hauptstadt zu verbringen. Aus dem Experiment wurde jetzt ein Buch. 

Frank Rüdiger stellt historische Fotos und den heutigen Zustand nicht gegenüber, sondern verwebt beide in einer Collage. „So etwas gab es bisher nicht in Bildbänden und stellt etwas Besonderes dar", beschreibt der Fotograf. Dabei waren mehrere Versuche notwendig, bis die richtige Ansicht für die Bearbeitung vorlag. „Man muss den Standpunkt und die Perspektive der früheren Fotografen finden, damit die aktuellen Fotos sich einpassen lassen. Trotz vieler verworfener Fotos hat mich das sehr fasziniert", so Frank Rüdiger. Die historischen Vorlagen fand er bei Recherchen im Stadtarchiv, dem Stadtmuseum und auch im eigenen Fundus. Dabei ist ihm die Auswahl sehr gut gelungen. Ein Zeppelin überfliegt Gera im Jahre 1909 und Frank Rüdiger verbindet diese Ansicht mit seinem Blick vom Rathausturm aus dem Jahre 2017. 

Das neue Ensemble des Kornmarktes lässt er im historischen Bild auftauchen. In seinen Collagen werden besonders Details sichtbar, wie etwa Geschäfte von gestern und heute in einem Bild. Am Johannisplatz stehen Marktfrauen vor dem heutigen Rutheneum. Vom Hauptbahnhof kommend fährt ein Gütertransport auf Straßenbahnschienen im Jahre 1905 durch die Clara-Zetkin-Straße. Wo es angebracht erschien, wie etwas zu diesem Bild, gibt Frank Rüdiger einige kurze Erläuterungen zu den jeweils historischen Bildteilen. Die älteste Aufnahme im Buch stammt von der Spaethe-Passage aus dem Jahre 1875 und die neuesten Fotos wurden im Sommer 2021 aufgenommen. Die „optische Verschmelzung" von alten und aktuellen Bildern ergänzt der Autor mit dem Bericht eines Geraers aus den 1860er Jahren. Den fand er in verschiedenen Adressbüchern aus dieser Zeit, unter dem Titel „Betrachtungen eines Geraers, welcher nach langjähriger Abwesenheit in die Vaterstadt zurückkehrt." 

Der Mann, dessen Name unbekannt blieb, verließ Gera im April 1836 als Wanderbursche und kehrte erst nach 30 Jahren in seine Heimatstadt zurück. „Es handelt sich um einen Augenzeugenbericht, der viel Wissenswertes vom Alltagsleben, den Gaststätten, den baulichen Erweiterungen und den Gewerbetreibenden berichtet", erklärt Frank Rüdiger. Der Mann sei aus einer Handwerkerstadt ausgezogen und in eine Industriestadt zurückgekehrt. Insbesondere durch die Anbindung an das Eisenbahnnetz begann die Industrialisierung Geras. Rüdiger illustrierte diesen Text, der ungekürzt und im Original wiedergegeben wird, mit Fotos aus jener Zeit. Hinweise aus den Buchhandlungen hätten ihn bestärkt, diesen Text zu integrieren, da das Interesse an der Geraer Geschichte groß sei. Das „Bilderbuch" werde damit aufgewertet und liefert somit einen Beitrag zur Stadtgeschichte, sagt der Autor schmunzelnd. Er freut sich schon heute über 40 Nachfragen aus Deutschland, den USA und der Schweiz. Weltweit ist er mit ehemaligen Geraern über Facebook verbunden. 

„Lang ist's her ... Das Geraer Stadtbild im Wandel der Zeiten" ist in einer Auflage von 750 Stück in der Edition Spörlstein erschienen. Es enthält auf 96 Seiten, 88 Abbildungen, davon 52 Bildcollagen sowie die „Betrachtungen eines Geraers" und ist für 22 Euro in allen Buchhandlungen der Stadt erhältlich.

 

Von Wolfgang Hesse

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