Gesellschaft

Hochwasser in Gera

Nach Überschwemmungen in Westdeutschland: Wie in Gera die Hochwassergefahr verringert wird // Hochwasseraufnahme aus 2013

Erschienen am 23.07.2021

Angesichts der jüngsten Ereignisse in Westdeutschland stellen sich die Fragen, ob in Gera weitere Überschwemmungen infolge von Starkregen drohen und ob hier ein ähnliches Szenario wie in Nordrhein-Westphalen und Rheinland-Pfalz denkbar wäre. Zuletzt waren der Wipsebach und der Gessenbach infolge von Starkregen innerhalb kurzer Zeit über die Ufer getreten. Die Überschwemmungen trafen Bereiche der Salzstraße, des Ortsteils Liebschwitz, Am Iltis und Rudolf-Behr-Weg. Weitere starke Überflutungen wurden in den Ortsteilen Collis, Thränitz, Naulitz, Langengrobsdorf, Cretzschwitz und Söllmnitz festgestellt. Neben der Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk war auch die neu gegründete Wasserwehr im Einsatz. Die Aufräumarbeiten sind mittlerweile weitestgehend abgeschlossen. „Die Hochwassergefahr im Stadtgebiet wird derzeit als gering eingeschätzt. Doch haben wir erst vor wenigen Tagen gesehen, wie schnell sich die Lage ändern kann", so Konrad Nickschick, Leiter des städtischen Umweltamtes, und führt weiter aus: „Vergleichbare Hochwasserkatastrophen wie aktuell in Teilen Westdeutschlands können bei entsprechender Topographie und Wetterlagen prinzipiell überall entstehen. Hinzu kommt, dass infolge des Klimawandels Starkregenereignisse häufiger werden. Wenn langanhaltendende Gewitterzellen sich nicht schnell genug bewegen, das heißt, länger über einem Einzugsgebiet verweilen, laden Sie tendenziell mehr Wasser ab." Demnach könne dies bei entsprechend engen Flusstälern, einer zu dichten Bebauung und weiteren ungünstigen Faktoren zu Hochwasserereignissen mit großen Schäden führen. Langfristig könne nur das Zurückgeben von Retentionsräumen, eine verbesserte Hochwasservorsorge und ein entsprechend ausgestatteter Katastrophenschutz die Folgen von Extremwetterereignissen beherrschbarer machen.

Seit dem Juni-Hochwasser von 2013, das allein in Gera einen Schaden von rund 58 Millionen Euro angerichtet hatte, wurde viel unternommen, um die Stadt und ihre Bevölkerung besser vor Überschwemmungen und den Folgen zu schützen. So entstand im mittleren Bereich der Weißen Elster zwischen der Bahnbrücke in Gera und Wünschendorf eine Reihe von Hochwasserschutzanlagen:
· an der östlichen Seite zwischen Ochsenbrücke und Zwötzener Brücke (2015)
· im Bereich Faulenzerweg (2016)
· im Bereich Tschaikowskistraße (2018)
· an der östlichen Seite zwischen Cubabrücke und Untermhäuser Brücke (2019)
· Die Hochwasserschutzmauer an der westlichen Uferseite zwischen Cubabrücke und Untermhäuser Brücke soll 2021 fertiggestellt werden.
· Bereits 2006 wurde die Hochwasserschutzanlage im Bereich Hofwiesenpark/Sommerbadstraße errichtet. Zusätzlich dazu wurden in Vorbereitung auf die BUGA 2007 im Hofwiesenpark hunderte Meter Dämme und Verwallungen angelegt.

Nach dem vom Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) in den Jahren 2012/13 entwickelten und 2015 überarbeiteten Hochwasserschutzkonzept für die Weiße Elster sind auch im Stadtteil Debschwitz der Bau einer Schutzwand entlang der westlichen Böschungsoberkante der Weißen Elster und die Stabilisierung des Deiches im Bereich Spielwiese geplant. Zudem sollen in den nächsten Jahren in Zwötzen, Milbitz und Thieschitz zusätzliche Deiche und andere Hochwasserschutzanlagen angelegt werden. Bauherren der Anlagen im Hochwasserrisikogebiet der Weißen Elster sind das TLUBN und die Thüringer Landgesellschaft (ThLG), die in Geschäftsbesorgung für das TLUBN tätig ist.

Um das Risiko von Überschwemmungen bewohnter Gebiete zu verringern, spielt auch die gezielte Reaktivierung oder Schaffung von Überschwemmungsflächen – sogenannte Retentionsräume – eine große Rolle. Die bekannteste dieser Flächen ist der Hofwiesenpark. Mit der weiteren Umsetzung des Hochwasserschutzkonzeptes sollen in den nächsten Jahren erhebliche Flächen links und rechts der Elster in Zwötzen, Untermhaus, Milbitz/ Thieschitz und nördlich der Bundesautobahn 4 hinzukommen.

Schließlich gehört auch die kommunale Flächenvorsorge zu den vorbeugenden Schutzmaßnahmen. Sie dient der Freihaltung vorhandener und noch unbebauter Flächen in Überschwemmungsgebieten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit überschwemmt, durchflossen oder für die Hochwasserentlastung bzw. Rückhaltung beansprucht werden und für die daher besondere gesetzliche Regelungen gelten. In den letzten Jahren wurden in diesem Zusammenhang für folgende Nebengewässer Überschwemmungsgebiete amtlich ausgewiesen:
- Erlbach (2005 und 2009)
- Brahme (2005 und 2009)
- Bieblacher Bach (2007)
- Schoßbach (2007), Wipse (2008)
- Saarbach (2009)

Sowohl die Mitarbeitenden des Umweltamtes als auch die Feuerwehr haben die Pegel der Weißen Elster und ihrer Nebengewässer weiterhin fest im Blick. Der Wasserstand der Weißen Elster am Pegel Gera-Langenberg war in den vergangenen Tagen auf über 230 Zentimeter gestiegen, blieb damit aber unterhalb des Meldebeginns, der bei 260 Zentimetern liegt. Aktuell (23.07.2021) liegt der Pegel der Weißen Elster bei 128 Zentimetern. Die offizielle Prognose geht nicht von einer wesentlichen Überschreitung des aktuellen Standes für die nächsten Tage aus. Auch an den Nebengewässern hat sich die Lage zwischenzeitlich wieder deutlich entspannt.

 

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