Gesellschaft

„Wichtig ist, dass etwas passiert”

Thomas Krauße: Klimaschutz- und Radverkehrsbeauftragter der Stadt Gera in einer Person

Erschienen am 30.04.2021

Vor über zehn Jahren trat die Stadt Gera dem „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder | Alianza del Clima e.V." bei. Im größten europäischen Städtenetzwerk arbeiten über 1.800 Kommunen in 27 europäischen Staaten gemeinsam daran, den Klimawandel zu bekämpfen. Zusätzlich zur Verpflichtung für Klimagerechtigkeit hat jedes Mitglied einen Beschluss im kommunalen Parlament verabschiedet, der eine Selbstverpflichtung zur Reduktion der CO2-Emissionen um zehn Prozent alle fünf Jahre enthält. Das entspricht der Halbierung der Pro-Kopf-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990. In mehreren Schritten erarbeitete die Verwaltung, gefördert durch den Bund, in den folgenden Jahren das Energie- und Klimaschutzkonzept für die Stadt Gera, welches 2016 beschlossen wurde. Um die Maßnahmen umsetzen und um das Gesamtprojekt besser koordinieren zu können, wurde 2019 Thomas Krauße, zunächst für drei Jahre als Klimaschutzmanager eingestellt. 

Gefördert durch die nationale Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. Mittlerweile hat sich der Master of Science der Biogeowissenschaften in seine Aufgaben eingearbeitet und setzt die Projekte des Konzeptes nach und nach um. Im Februar übernahm er zudem die Aufgaben des Radverkehrsbeauftragten. Viele Gründe, um ihn zu einem Gespräch zu bitten. Das Konzept wurde 2016 fertiggestellt. 

Wer hat bis zu Ihrer Einstellung an der Umsetzung gearbeitet?

 Daran sind viele Dezernate beteiligt. So spielt beim Umbau von städtischen Gebäuden die energetische Gebäudesanierung immer eine Rolle und das nicht erst seit der Erstellung des Konzeptes. Daher ist dies im Baudezernat ein ständiges Thema, wenn es um Sanierung oder Neubau geht. Vor allem im Bereich der Energieversorgung hat sich sehr viel getan. Die EGG hat einen Großteil der Maßnahmen umgesetzt. Mit der Inbetriebnahme der neuen Heizkraftwerke und dem Umbau des Netzes wurde alles effektiver gestaltet, sodass Gera mit diesem Beispiel jährlich bereits 50.000 Tonnen CO2 einspart.

Warum haben Sie die Stelle in der Verwaltung übernommen und an welches Dezernat sind Sie angeschlossen? 

Ich erzähle nichts Neues, wenn ich sage, dass der Klimaschutz eine der wichtigsten Aufgaben ist und in den nächsten Jahren bleibt. Es wird viel darüber geredet, aber mir ist es wichtig, dass auch etwas passiert. In meiner Heimatstadt bekam ich die Möglichkeit dazu, welche ich jetzt sehr gern nutze, um die Ziele zur Energiewende für Gera mitzugestalten und umzusetzen. Ich bin im Baudezernat angesiedelt und ich freue mich, wenn Einwohner mit Anliegen, Fragen, Verbesserungsvorschlägen und Projektideen in Sachen Klimaschutz zu mir kommen. Nach Voranmeldung kann jeder zur Sprechstunde, welche immer montags zwischen 16 und 18 Uhr in der Amthorstraße 11 stattfindet, kommen. Natürlich bin ich auch sonst sehr gut unter erreichbar (☎ 8384002 oder klima@gera.de).

Welche Aufgaben haben Sie bei der Umsetzung des Konzeptes? 

Bei den einzelnen Projekten bedarf es einer langen Planung, die manchmal über Jahre läuft. Ich bringe alle Mitwirkenden an einen Tisch, um Lösungen zu finden und aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es in Sachen Energie- und Klimaschutz gibt. Ich akquiriere Fördermittel und betreibe sehr viel Netzwerkarbeit, denn bei allen Vorhaben die in der Stadt geplant werden, will ich bei Fragen rund um Energie- und Klimaschutz beratend zur Seite stehen und dabei ist egal, ob es sich dabei um ein städtisches, unternehmerisches oder privates Projekt handelt. Ich bin gern dazu bereit, zu helfen. Zudem ist die Öffentlichkeitsarbeit ein großes Thema, denn wir möchten die Anwohner nicht nur über die Maßnahmen informieren, sondern jeden mitnehmen. Dies haben wir im vergangenen Jahr mit dem Klimapavillon bereits sehr gut gezeigt. Wir hatten viele Besucher egal ob vor Ort oder online, bekamen sehr viel positives Feedback und es haben sich bereits neue Projekte daraus entwickelt. Zu diesen gehört unter anderem die neu gegründete BürgerEnergie Genossenschaft Gera, welche die Energiewende mit der Erzeugung und Nutzung von erneuerbarer Energie in Gera voranbringen will. Die ersten Projekte sind bereits in Planung. Dazu gehört auch ein Photovoltaik-Projekt in der Tongrube Gera Aga, welches nach dem Aus des Energiedreiecks mit dem Besitzer umgesetzt werden soll. 

Wo setzen Sie die Schwerpunkte im Energie- und Klimaschutzkonzept? 

Alle im Maßnahmenkatalog aufgeführten Schwerpunkte sind wichtig. Egal ob wir über energetische Sanierung, Stadtplanung, Stadtentwicklung, Energieerzeugung und Verteilung, erneuerbare Energien und alternative Technologien, kommunalen Verbrauch oder den Verkehr, welches alle Schwerpunkte im Konzept sind, sprechen, jede einzelne umgesetzte Maßnahme trägt zum Klimaschutz bei und sorgt dafür, dass wir unsere Umwelt ein Stück weit weniger belasten und dabei effizienter werden. 

Was wurde neben EGG, Klimapavillon und Gebäudesanierung bereits umgesetzt? Was ist in Planung?

In der ständigen Umsetzung befindet sich die effiziente Umstrukturierung des kommunalen Verbrauchs. Hierzu zählt nicht nur die Neuanschaffung von Technik und die Sanierung in den Gebäuden, sondern auch die Umrüstung der Straßenbeleuchtung und eine automatische Verbrauchs- und Verhaltensorientierte Erfassung, um Einsparpotenziale zu erschließen. Hier sind neue Ideen zur Umsetzung gefragt und diese liefert uns auch das in Gera gerade durchgeführte Smart City Projekt. Hier werden Ideen und Lösungen eingebracht, welche in Einzelprojekten umgesetzt werden sollen und der Stadt in Zukunft viel Potenzial in Sachen Energie- und Klimapolitik liefern werden. Im Schwerpunkt Verkehr treiben wir gemeinsam den Umstieg auf E-Mobilität in der Stadtverwaltung voran, wollen mehr Radwege schaffen und ausbauen. Im Straßenverkehr soll zukünftig öfter geprüft werden, ob ein Kreisverkehr möglich und sinnvoll wäre. Um erneuerbare Energien für die Eigennutzung zu etablieren, wird zudem bei Sanierung oder Neubau von Gebäuden geprüft, ob dies für das jeweilige Gebäude eine Möglichkeit ist und umgesetzt werden kann. Für Haushalt und Organisation ein immenser Aufwand, der aber notwendig ist, um die Ziele aus dem Konzept umsetzen zu können.

Seit 1. Februar sind Sie auch Radverkehrsbeauftragter der Stadt Gera. Was sind hier ihre Aufgaben? 

Ich leite hier die Arbeitsgruppe Radverkehr, welche sich einmal pro Monat trifft und an der auch jeder mitmachen kann. Der Radverkehrsanteil ist in Gera noch immer ziemlich niedrig – keine Frage, die vorhandenen Strukturen laden auch nicht dazu ein. Wir wollen mit Neu- und Ausbau von Radwegen und Beschilderung die Infrastruktur verbessern. Das heißt, wir tragen Ideen, Bedarfe und Projekte in die Stadtverwaltung. So soll im kommenden Jahr eine Radspur in der Straße des Friedens entstehen und wenn die Fördermittel bewilligt werden, wird zudem ein baulich getrennter Radweg in der Kaimberger Straße bis zum Kaimberger Bad entstehen. Ideen zur Umsetzung gibt es hier viele. In der Straße des Bergmanns könnte stadteinwärts und bergab ein Radstreifen entstehen. Gleiches, ebenfalls in der Altenburger Straße denkbar. Hier muss einiges getan werden, denn die Zahl der Radfahrer nimmt zu – begrüßenswert! 

Was ist das Stadtradeln-Programm? 

Stadtradeln ist ein Wettbewerb, bei dem es darum geht, 21 Tage lang möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen. Die Stadt hat daran bereits zweimal teilgenommen und ich habe Gera auch für dieses Jahr angemeldet. 2019 kamen dadurch 75.000 Kilometer zusammen und 2020 über 100.000 mit dem Rad gefahrene Kilometer. In diesem Jahr haben wir den Zeitraum zwischen dem 5. September, dem diesjährigen Bauhaustag und dem 25. September, dem Wahlsonntag gewählt. Um daran teilzunehmen sollte man sich als Team, bestehend aus mindestens zwei Personen, unter www.stadtradeln.de anmelden. Wir freuen uns, über jeden der mitmacht. Es gibt auch ein paar Preise zu gewinnen, aber wir verraten noch nicht welche. 

Geht die Arbeit nach Ablauf der drei Jahre weiter? 

Der Klimawandel ist da und um hier Maßnahmen zum Klimaschutz umzusetzen hat die europäische Union erst am 21. April das europäische Klimaschutzgesetz beschlossen. Auch auf Bundes- und Landesebene wurden neue Gesetze auf den Weg gebracht. Das Thema wird langsam ernst genommen. Auch in Gera wird das Ganze auch in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle spielen und deshalb sollte es auch nach den drei Jahren einen Verantwortlichen Klimaschutzmanager geben.

 

Das Gespräch führte Lars Werner.

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