Wirtschaft

Haushalt der Stadt in Schieflage?

Bürgermeister und Finanzchef Kurt Dannenberg: „Aktuelles Haushaltsjahr bereitet mir Sorge”

Erschienen am 16.04.2021

Es scheint, als habe Bürgermeister Kurt Dannenberg seine ihm im Juli 2018 auferlegte Aufgabe der Finanzhoheit gut im Griff. „Wir haben es geschafft, in zweieinhalb Jahren vier Jahresabschlüsse aufzustellen", zeigt sich Kurt Dannenberg erfreut und vielmehr noch: Er ist mit dem voraussichtlichem Jahresabschluss 2020 zufrieden. „Wir holen auch hier zeitlich auf. Gemäß Thüringer Gesetz über die Kommunale Doppik müssen Jahresabschlüsse bis 30. Juni des Folgejahres aufgestellt werden. Noch sind wir nicht am Ziel, aber deutlich näher dran als die vergangenen Jahre. Der Jahresabschluss 2019 wurde mit Redaktionsschluss 5. Februar aufgestellt und mit Schreiben vom 10. Februar der Rechnungsprüfung übergeben", bilanziert Dannenberg.

Zum Vergleich: Die Jahresabschlüsse 2016 und 2017 wurden jeweils erst rund eineinhalb Jahre später dem Rechnungsprüfungsamt übergeben. Der Jahresabschluss 2019 weist erneut einen Schuldenabbau auf und das Jahr 2020 wird im vorläufigen Ergebnishaushalt vermutlich sogar mit einem zweistelligen Millionenplus sowie der Finanzplan wohl mit einer schwarzen Null abschließen. Und das trotz Corona! Sorge bereitet Kurt Dannenberg das aktuelle Jahr. 

Bereits jetzt lässt sich bilanzieren, dass sowohl der durch Corona verursachte Mehrbedarf als auch die Personalkosten den aufgestellten Haushalt ins Wanken bringen könnten. Laut der „Berichterstattung Personal" im Hauptausschuss am 1. März diesen Jahres zeigt der Oberbürgermeister Julian Vonarb eine mögliche Planüberschreitung der Personalkosten in Höhe von 3,2 Millionen Euro an. Es heißt: „Die durchschnittlichen Personalkosten im Jahr 2021 liegen unter Berücksichtigung der kommenden Tariferhöhung bei den Angestellten und Beamten sowie Beitragsanpassungen in der Sozialversicherung bei etwa 68.460 Euro pro Vollbeschäftigten. Bei einem Personalkostenbudget von 68.063.710 Euro für 2021 liegen wir somit bei maximal 994,21 bezahlbaren Vollbeschäftigteneinheiten, wobei der Iststand (31.12.2020) 1042,72 Stellen aufweist." Anmerkung der Redaktion: Hingegen der Vorbericht zum Haushaltsplan 2021, welcher im November 2020 bestätigt wurde, 1020,80 Vollbeschäftigteneinheiten auf 1.193,40 Stellen für 2020 ausweist. Bei den durchschnittlichen Personalkosten handelt es sich um die Gesamtkosten für den Arbeitgeber und nicht um Bruttogehälter der Mitarbeiter. Demnach scheint es, als gebe es mehr Personal, obwohl es eine Personalkostenobergrenze gibt. Dies ist eine Maßnahme der Haushaltskonsolidierung, in der sich die Stadt Gera noch definitiv bis 2023 befindet. „Sollten wir mehr Personalkosten als im Haushalt geplant benötigen, müssen wir an anderer Stelle sparen, sprich, es braucht sogenannte Gegensteuerungsmaßnahmen", betont der Finanzchef der Stadt Gera. 

Um einen Überblick über die Finanzen der Stadt zu bekommen, wurde eine Abfrage auf Basis des I. Quartals 2021 bei den Dezernaten veranlasst. Sie sollen ihren derzeit voraussichtlichen Finanzbedarf bis 31. Dezember ermitteln. „Ich erwarte in den nächsten Tagen die Rückmeldung aus den Ämtern. Zusammen mit meinem Team werde ich dann entscheiden, ob und wenn ja, welche Gegensteuerungsmaßnahmen durch den Oberbürgermeister zu ergreifen sind, um das Jahr ausgeglichen abschließen zu können", erklärt er. 

Positiv zu vermelden ist die nicht zweckgebundene Mehreinnahme in Höhe von rund 5 Millionen Euro von Seiten des Landes in Form der aufgestockten Schlüsselmasse nach Thüringer Finanzausgleichsgesetz. Ein Teil der Steuerausfälle infolge der Coronapandemie kann zudem durch entsprechende Steuerstabilisierungszuweisungen des Landes gedeckt werden. „Wir können natürlich heute noch nicht abschließend abschätzen, wie sich unsere Gewerbesteuereinnahmen in diesem und den folgenden Jahren tatsächlich entwickeln werden. Fakt ist, dass wir auch coronabedingt unverändert finanziell kaum Handlungsspielraum haben und der Stadtrat sich daher jeweils sehr genau überlegen muss, wofür er was ausgeben will", bestätigt Dannenberg. Haushaltsplanung der Stadt Gera ist keineswegs eine Ein-Mann-Entscheidung. 

Bereits während des Haushaltsplanentwurfes, dem eine Auflistung der Aufwendungen beiliegt, musste der Deckungszähler Personalkosten von den einst vom Personalamt angemeldeten 77,229 Millionen Euro auf die durch den Stadtrat beschlossenen Personalausgaben im Haushaltssicherungskonzept in Höhe von 68,063 Millionen Euro gedrosselt werden. Im dazugehörigen Beschluss des Haushaltsplanes 2021 samt 8. Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes vom 5. November 2020 heißt es in Beschlusspunkt 9 „Der Stadtrat beschließt, dass die Personalkostenobergrenze im Deckungszähler Personalaufwendungen in Höhe von 68,063 Millionen Euro wie in der HSK-Maßnahme M 1131-0.01 beschrieben, einzuhalten ist. Der Stadtrat beschließt, dass Mehreinnahmen bei Erstattungen für Personalkostenaufwendungen eingesetzt werden können." Ein Haushalt wird jährlich fortgeschrieben. Um selbigen für 2022 ebenfalls pünktlich dem Stadtrat vorlegen zu können, wurde mit der Haushaltsaufstellung bereits begonnen. „Mit Einnahmeausfällen und/oder zusätzlichen Kosten gefährden wir natürlich einen ausgeglichenen Haushalt 2022. Sollten wir dies nicht schaffen, bräuchten wir wieder Bedarfszuweisungen vom Land. Die Folge: Der städtische Haushalt wäre wieder von der Genehmigung des Landesverwaltungsamtes und der Bewilligung von Bedarfszuweisungen des Landes abhängig, neue Investitionen z.B. in Schulen und Straßen damit kaum realisierbar. Die Verlängerung der Haushaltskonsolidierung über 2023 hinaus ist schon jetzt absehbar", zeigt Dannenberg die Folgen auf.

 

Fanny Zölsmann

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