Kein Batterie-Recycling in Cretzschwitz!
Der erste Protestzug der Einwohner formierte sich nach der „Anhörung“ am 20.10.23 im Bildungszentrum der Handwerkskammer in Aga. Der Protest ist seitdem ungebrochen. Foto: privat
Gera (NG). „Die Vertreter der BI waren ausgezeichnet und tiefgründig vorbereitet. Mit großem Engagement wurden die Interessen der Bürger vorgebracht und die Vertreter der anwesenden Behörden, insbesondere des TLUBN, immer wieder zu Eingeständnissen genötigt: mangelnde Vorarbeit, fehlende Unterlagen, verpaßte Zeitfenster.
Die BI erwartet weiter die Unterstützung der Geraer!"
So endete der Bericht über den ersten Teil der Anhörung im Gerarer Kultur- und Kongreßzentrum vom 6. bis zum 8. November.
An dieser Einschätzung gibt es nichts zu korrigieren. Offenbar wurde auch das TLUBN als Verfahrensführerein langsam ungeduldig und unzufrieden. Mehrfach wurden Anfragen der BI und betroffener Bürger aufgegriffen und der Antragstellerin, der koreanischen Firma SungEel klargemacht, daß die Beschreibung des Verfahrens so klar und eindeutig erfolgen muß, daß die Behörde den Sachverhalt plausibel erfassen und bewerten kann.
Dabei ging es häufig um diffizile Details, die aber aus Sicht der betroffenen Menschen und Firmen nicht bagatellisiert werden dürfen.
Ein sehr bedeutsamer Schwerpunkt war am Montag die Erörterung von Unfällen und Pannen in Anlagen, die schon von SungEel oder anderen Firmen an Standorten weltweit bekannt geworden sind. Die Argumentation der Vertreter der Antragstellerin war nicht überzeugend: mal konnte nicht verglichen werden, weil es sich in Cretzschwitz um eine Anlage der 3. Generation handele, mal wurden Erfahrungswerte einfach nach Ostthüringen übertragen, ohne Untersuchungen zu den konkreten Bedingungen angestellt zu haben. Für viele Details wurde auf die spätere Ausführungsplanung verwiesen - für manchen Zuhörer ein scheinbarer Trick, um mangelndes Detailwissen zu verbergen oder weiteren bohrenden und dann eventuell unangenehmen Fragen ausweichen zu können.
Es sei mir gestattet, ein konkretes Beispiel mit meinem Fachwissen als Chemiker zu kommentieren. Es gibt für fast keinen Prozeß ein konkretes Ablaufschema, z,B. wann wird der Trockner beschickt, wann und wie erfolgt die Beheizung, wann wird die Absaugung zugeschaltet, wann endet der Prozeß in der Schicht und am Wochenende, wie lange läuft die Absaugung weiter etc.
Das immer wieder betonte besondere am Verfahren in Gera sei die Trockung bei 130 °C. Die organischen Lösungsmittel werden verdampft und dann wieder kondensiert und sind somit von der Schwarzmasse getrennt. Laut Firmenunterlagen sind 15 % der Recyclingmenge von 22.000 Tonnen im Jahr der Elektrolyt, der zu mindestens 90 % aus organischen Lösungsmitten besteht. Auf Nachfrage zur Wirksamkeit des Kondensationsprozesses antwortete die Antragstellerin: „In Korea sind es 70 %, hier bestimmt 80 oder vielleicht sogar 90 %. Den Rest holt dann die Aktivkohle im nachfolgenden Reinigungsschritt heraus."
Das ist erschreckend ungenau und muß auf die Anwohner verstörend wirken! Hoffentlich auch auf das TLUBN. Denn: Bei 22.000 Tonnen Batteriemasse und 15 % Elektrolyt mit 90 % Lösungsmittel sind ca. 3.000 Tonnen Lösungsmittel zu handeln. Wenn davon 10 % die Aktivkohlefilter zurückhalten sollen, sind diese riesig zu dimensionieren, ständig auszutauschen oder überfordert und schlagen durch.
Leider wird die Diskussion solcher Schwachpunkte im Fortgang des Verfahrens nicht einfacher. Zugegeben, es sind Mammutveranstaltungen im KuK: Auf der Bühne saßen mindestans 20 Menschen, der Aufwand an Zeit und Ressourcen ist enorm. Gerade auch für die Bürgerinitiative, deren Mitglieder ehernamtlich arbeiten. Das bedeutet konkret: Urlaub, Lohnverzicht, Freizeitstreß, Facharbeit, Spendensammeln. Denn die aufgebotenen Experten und Rechtsberater arbeiten nicht für ein „Vergelt's Gott".
Deshalb hier der Spendenaufruf:
Empfänger: Heimatfreunde Cretzschwitz e.V.
IBAN: DE 56 8305 0000 0000 066591
Verwendungszweck: Bl Gera Cretzschwitz
Das TLUBN hat zu Beginn des fünften Tages der Anhörung festgelegt, daß der Fortgang nur noch online erfolgen wird. Dazu in Auszug aus dem Kommentar der BI:
„Ein wirklicher Anlass für das Vorgehen liegt nicht vor. Die erfolgte Begründung war widersprüchlich, inhaltslos und für das Publikum und uns nicht nachvollziehbar.
Die BürgerInitiative Gera-Cretzschwitz und unzählige Einwender widersprachen vor Ort dem Vorgehen, leider ungehört.
Mit der Online-Fortführung haben viele Einwender die Befürchtung, dass die bisher vorgebrachten inhaltlichen Fragestellungen nicht mehr berücksichtigt oder viele weitere Fragen nicht mehr geklärt werden können, da nicht jeder Einwender technisch in der Lage ist, am Online-Verfahren teilzunehmen.
Aus Sicht der BürgerInitiative Gera-Cretzschwitz stellt dieses Vorgehen eine klare Behinderung der Thüringer Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen dar. Dafür wird sich die Genehmigungsbehörde rechtfertigen müssen."
Dr. Harald Frank
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