Sport

Mit 64 Jahren noch auf dem Fußballplatz

Auch mit 64 Jahren jagt Petra Wendler noch dem Fußball nach. Bei Grün-Weiß Tanna spielt die Wahl-Geraerin mittlerweile wieder in der Abwehr. Foto: Jens Lohse

Erschienen am 18.12.2024| Jahrgang: NG 26/24

Von Jens Lohse Gera (NG). Petra Wendler kann sich ihr Leben nicht ohne Sport vorstellen. Was für die gebürtige Zella-Mehliserin mit dem Skilanglauf begann, setzte sich später beim Fußball fort. Auch mit 64 Jahren jagt die Wahl-Geraerin in Tanna noch dem runden Leder nach. Im Interview der Woche erklärt Sie, warum: 

Fußball gilt nicht unbedingt als der bevorzugte Sport für Senioren. Das hindert Sie aber nicht daran, die Sportart weiter zu betreiben. Haben Sie den Absprung verpasst? So würde ich das nicht sagen. Aber bei den Männern gibt es Alte-Herren-Mannschaften, bei den Frauen aber keine Alte-Damen-Teams. Dazu fehlt einfach die Dichte. Also bleibt mir gar nichts anderes übrig, als weiter am aktiven Spielbetrieb teilzunehmen. Und so hat mich mein Weg über Gera, Gräfenwarth und Pöllwitz nach Tanna geführt. So lange es gesundheitlich passt, bleibe ich am Ball. Ein Alterslimit habe ich mir nicht gesetzt. 

Sie waren nie verletzt? Ein Muskelfaserriss vor ein paar Jahren noch in Gera war das schlimmste, was mir in meiner Fußballerinnen-Laufbahn passiert ist. Wahrscheinlich waren die früher im Leistungssport gelegten körperlichen Grundlagen so gut, dass ich davon noch heute profitiere. 

Welchen Leistungssport haben Sie denn betrieben? Ich bin in Zella-Mehlis in Südthüringen geboren, habe mich dem Skilanglauf gewidmet und war von 1972 bis 1979 auf der dortigen Kinder- und Jugendsportschule. Unter leistungssportlichen Bedingungen habe ich von 1976 bis 1982 trainiert. Mein größter Erfolg war eine Bronzemedaille mit der 3x5 km-Staffel der DDR-Mädchen bei den Jugendwettkämpfen der Freundschaft im Februar 1978 in Johanngeorgenstadt. Ein Jahr später stand ich als Startläuferin in der DDR-Meister-Staffel des SC Motor Zella-Mehlis über 4x5 km mit Marion Büchner, Petra Rohrmann und Veronika Hesse-Schmidt. Veronika Hesse-Schmidt wurde 1980 in Moskau Olympiasiegerin mit der Staffel und anschließend 20 km-Weltmeisterin. Ich habe mich dann auf das Studium zur Diplom-Sportlehrerin konzentriert. 

Woran können Sie sich noch erinnern? Die Trainingsumfänge waren enorm. Im Sommer waren wir auch schon auf Skirollern unterwegs. Aber das waren damals noch richtige Klopper. Die waren sehr schwer. Im Winter haben wir die Skier mit Ausnahme der DDR-Meisterschaften selbst gewachst. Es war mir wichtig, sehr vielseitig zu sein. Ich habe dann auch anfänglich als Skilanglauf-Trainerin gearbeitet, konnte mich als einstige Athletin gut in die Belange der jungen Mädchen hineinversetzen. 

Und was hat Sie dann nach Gera verschlagen? Die Liebe. 1985 bin ich nach Gera gekommen. In Zella-Mehlis hätten wir keine Wohnung bekommen. Also bin ich mit meinem Mann Dieter ins schneelose Gera gezogen. Schneelos konnte man im ersten Winter nicht sagen. Als unsere Tochter Simone geboren wurde, war auch in Ostthüringen genug von der weißen Pracht vorhanden. 

Von Fußball war bis jetzt noch gar keine Rede... Ich brauchte einen sportlichen Ausgleich. Gearbeitet habe ich beim DTSB-Kreisvorstand, habe mich immer für die Außenstellen gemeldet, um die Stadt und ihre Umgebung kennenzulernen. So hatte ich auch viel mit der späteren Paralympicssiegerin Birgit Pohl bei Medizin Gera zu tun. Gewohnt haben wir erst in Untermhaus und dann in Debschwitz. Nach Simones Geburt habe ich im September 1986 bei Modedruck Gera mit dem Fußball begonnen. 

Einen geregelten Spielbetrieb gab es damals noch nicht, oder? Nein, meist waren wir bei Turnieren unterwegs. Höhepunkte waren immer die DDR-Bestenermittlungen in der Halle in Neubrandenburg. Besonders die stimmungsvollen Fahrten sind in Erinnerung geblieben. 1990 haben wir dort sogar gewonnen. Nach der Wende haben wir uns für die Regionalliga qualifiziert, waren bis nach Rostock unterwegs. Auf der Fahrt nach Dresden sind wir einmal im Schneechaos stecken geblieben, mussten wieder umkehren. Ich war meist Verteidigerin. Unter Trainer Alfred Renisch habe ich auch mal vorn gespielt. 

Wie ging es weiter mit dem Frauenfußball? Dann wurde der 1. FC Gera 03, später der FFC Gera gegründet. Mit der zweiten Mannschaft habe ich auf Kleinfeld gespielt und mit Ulrike Heiner die meisten Tore erzielt. In einer Partie habe ich 13 Treffer geschossen. Da habe ich mich hinterher bei der gegnerischen Torfrau entschuldigt. Damals war auch schon Lea Friedemann dabei, die heute bei Wismut Gera in der Thüringenliga spielt. Irgendwann fiel die zweite Mannschaft auseinander, weil oben Spielerinnen gebraucht wurden. Also bin ich mit meiner Tochter Simone nach Gräfenwarth gewechselt. Über Pöllwitz bin ich nun in Tanna gelandet. 

Das ist aus Gera nicht der allernächste Weg ... Das stimmt. Aber wenn eine Sache Spaß macht, dann nimmt man in Leben manches auf sich. Simone musste nach einem Kreuzbandriss leider aufhören. Ich bin geblieben, auch wenn ich eigentlich nur noch Auswärtsspiele habe. Ich bin in Tanna gut integriert. Mein Alter spielt keine Rolle. Wir spielen in Bayern, oft auf verkürztem Großfeld. Ich spiele wieder in der Abwehr. 

Wie lange bleiben Sie dem Fußball noch treu? Ich denke zumindest nicht ans Aufhören. Dienstag Abend spielen wir außerdem in Gera in der Halle mit einer gemischten Freizeitmannschaft aus Männern und Frauen. Ein paar Judo-Eltern sind dabei, auch Katrin Geiermann, die mit mir in einigen Frauen-Mannschaften gestanden hat. 

Gibt es noch Kontakt zu den Zwötzener Fußballerinnen? Wir treffen uns immer mal beim Bowling. Dann schwelgen wir mit Sylvia Heinrich, Birgit Münch, Angelika Lang oder Martina Klepsch in alten Zeiten. 

Und was machen Sie beim Judo? Da unterstütze ich meine Tochter Simone, die beim TSV 1880 Zwötzen Übungsleiterin ist. 1992 war ich über eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei Harald Heinz zum Judo gekommen, nachdem der DTSB-Kreisvorstand aufgelöst wurde. Da hat Simone mit dem Judo begonnen und es später mit dem PSV Weimar bis in die Bundesliga geschafft. Bei den Übungseinheiten bin ich für das Krafttraining zuständig. Wir haben eine gute Truppe beisammem. Der Zusammenhalt ist groß. 

Was machen Sie beruflich? 2023 habe ich mich nach 20 Jahren als Stationsassistentin im SRH-Wald-Klinikum Gera aus dem Berufsleben verabschiedet. Sportlich aber habe ich noch nicht ans Aufhören gedacht. Beim Fußball in Tanna hat der Spielbetrieb jetzt erst einmal Winterpause. Im Frühjahr geht es weiter. Und dann ist auch Petra Wendler wieder am Ball.

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