Otto Dix mit allen Sinnen entdecken
Die Akteure der neuen Schau „OTTO DIX – Trau deinen Augen“ in der Orangerie. Von links: Astrid Lindinger, Ulrike Lorenz, Daniel Sommer, Franziska Pucher, Claudia Schönjahn. Fotos: W. Hesse
Von Wolfgang Hesse
Während der viermonatigen Schließzeit ist viel passiert in der Orangerie. Claudia Schönjahn, Astrid Lindinger und Franziska Pucher haben die Neugestaltung der beiden Flügel des Hauses vorbereitet und den Aufbau der umfangreichsten Ausstellung in Gera überwacht. Am 3. Oktober öffnete die neue Werkschau zu Otto Dix unter dem Namen „Trau deinen Augen". Es erwartet die Besucher eine Schau, die mit allen Sinnen erfasst werden kann. Rund 50 Gemälde, 35 Aquarelle und Zeichnungen auf 500 Quadratmetern führen durch alle Schaffensphasen des Künstlers.
„Die neue Welt des Otto Dix ist in der Interaktion mit dem einzigartigen Geburtshaus des Künstlers in Gera entstanden. Damit möchten wir einen DIX-Schwerpunkt in Gera verankern und auf diese Ausnahmebiografie und die großkünstlerische Leistung des 20. Jahrhunderts verweisen", sagt Kuratorin Ulrike Lorenz, ehemalige Leiterin der Geraer Kunstsammlung und des Otto-Dix-Hauses und heute Präsidentin der Klassik-Stiftung Weimar. Der Künstler habe seine gesellschaftliche Prägung in einem Arbeiterhaushalt erhalten, die sein ganzes Leben und sein Werk bestimmte.
Dix hatte eine leidenschaftlichen Identifikation mit der Stadt Gera und mit Ostthüringen in die Welt genommen. In seinem Leben bleibt er stets bodenständig. Seine Lebensmittelpunkte Dresden und Gera prägten ihn. Er verbrachte die letzten Lebensjahre in Hemmenhofen am Bodensee, wohin ihn seine innere Immigration vor dem Nationalsozialismus führte. Viele Reisen und Studien führten ihn bis zu seinem Tod im Jahre 1969 immer wieder nach Dresden und Gera.
„Es ist die modernste Ausstellung in der Orangerie und innerhalb der Stadt", findet die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Geraer Kunstsammlungen, Astrid Lindinger. „Die Schau ist so konzipiert, dass wir ein jüngeres Publikum erreichen wollen. Erstmalig arbeiten wir mit modernen Medien, so dass sich eine Mischung aus Sehen, Hören und Interaktion erschließt", so Lindinger weiter. Durch das DIX-Porträt im Film könne man den gealterten Künstler lebendig erleben und so den Bezug zu seinen Werken besser einordnen, erklärt sie.
Die Installation, die Daniel Sommer mit seiner Firma Whitebox in Zusammenarbeit mit Kuratorin Ulrike Lorenz konzipiert hat, zeigt interessante Überraschungsmomente. „Wir haben bewusst darauf geachtet, dass der Besucher so geleitet wird, dass er in jedem Teil der Ausstellung genau das zu sehen bekommt, worauf es ankommt", weiß Daniel Sommer. „Bis auf einen halben Meter genau konzipiert, ist etwas Einmaliges entstanden, das weit über Gera hinausstrahlen wird." Mehrere Kunstwerke, die nicht im Original gezeigt werden können, haben die Mitarbeiter von Whitebox so in Szene gesetzt, als wären diese wirklich vorhanden und hinterlassen genau diesen Effekt beim Betrachter.
Insgesamt 75 neue Dauerleihgaben und Schenkungen aus der Otto-Dix-Stiftung konnten in die Ausstellung integriert werden. Darunter auch das „Stillleben mit Witwenschleier" aus dem Jahre 1925. Astrid Lindinger freut sich besonders über die Rückkehr dieses Gemäldes nach Gera. „Bis 1990 konnte ich das Werk im Otto-Dix-Haus präsentieren", erinnert sie sich. In den 2000-er Jahren tauchte das Bild in Dresden auf. Sie sei froh, dass es gelungen ist, dieses Werk wieder nach Gera zu holen.
Auf dem Gemälde beschäftigt sich Otto Dix mit der Vergänglichkeit von Welt und Schönheit. Ein Skelett mit Hut und Mantel symbolisiert das Vergehen des Menschen. Ein Witwenschleier umweht den Spuk. Von oben beobachtet eine Lebendmaske des Künstlers das Geschehen. Das Bild zeigt eine düstere Stimmung im Angesicht der aufziehenden Naziherrschaft.
Kurz nach Machtergreifung, 1933, entstand das Gemälde „Die sieben Todsünden". Es gilt als Spiegel von persönlicher Betroffenheit und als Warnung vor politischem Unheil.
Die Ausstellung „OTTO DIX – Trau deinen Augen" ist in der Orangerie zu sehen und von Dienstag bis Sonntag und feiertags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.