Kultur

Wie Gera seinen großen Künstler ehrt

Jürgen Griesser vom Kunstfreunde-Verein erläutert Geraer Schülern und Thüringer Kunsterziehern Exponate von Eb Dietzsch in der Ausstellung „Klar!?“. Foto: Erika Baumann

Erschienen am 21.02.2023

Von Harald Baumann 

Gera (NG). Im September 1995 erschien im Neues Gera ein Interview mit dem überragenden Künstler Eberhard Dietzsch (1938-2006), der die Kunstszene in Gera und in der Region maßgeblich beeinflusste, und zwar als Maler, als Grafiker, als Cartoonist. In dem Beitrag gestand er freimütig: „Ich bin seit 1958 Gerscher, und ich lebe und arbeite gern hier. „Ja, ich behaupte, Gera ist eine ausgesprochene Kulturstadt." 

Ein rührendes Lob. Aber umgedreht: Würdigt und ehrt ihn sein künstlerisches Zuhause im erforderlichen Maße? Teils, teils muss man leider sagen. Lange Zeit war es ziemlich still um ihn geworden. Das Geburtstagsjubiläum bietet jetzt reichlich Gelegenheit, Eb, wie er sich selbst nannte, die Krone aufzusetzen. Nach dem Wirken einzelner Enthusiasten zur Würdigung von Dietzsch und seinem Schaffen, erfreulich deshalb, die Rolle, die der im Oktober 2022 gegründete Kunstfreunde e.V. wahrnimmt (derzeit 21 Mitglieder). Dessen Vorsitzender Dr. Matthias Hager beschrieb im Neues Gera vom 28.2.2022 den Zweck so: „Bewahrung des Andenkens an den großen Sohn der Stadt, Pflege und Veröffentlichung des künstlerischen Nachlasses, Organisation von Ausstellungen und als ehrgeizigste Aufgabe die Fortführung des 2008 ins Leben gerufenen Eb-Dietzsch-Kunstpreises für Malerei." 

Dem Vorsatz folgte wenige Monate später die Tat. Das bundesweit aufsehenerregende Vorhaben nahm in den Räumen des großzügigen Sponsors Sparkasse Gera-Greiz gemeinsam mit der Stadtverwaltung Gestalt an. 126 Künstler aus 44 Städten Deutschlands und der Schweiz hatten teilgenommen. 58 Werke waren nominiert und auf einer gut besuchten Vernissage gezeigt worden. Die Vergabe des Preises planen der Kunstfreunde-Verein und die Stadt im Zweijahres-Rhythmus. 

Ein weiteres Mal tat sich die Sparkasse als Förderer der Dietzsch-Ehrung hervor. Die Ausstellung des Kunstfreunde-Vereins „Klar!? – Eb Dietzsch zum 85." zeigt von Januar bis März 2023 Werke des begabten Könners aus verschiedenen Schaffensperioden. Eb war unwahrscheinlich produktiv im Spektrum der Themen und Techniken der Malerei. Der Verein, so erfuhren die Besucher der Ausstellung, hat schon tausende Werke katalogisiert, gelistet, fotografiert und digital gespeichert. Und es werden von Tag zu Tag mehr. 

Jüngstes Beispiel im Zeichen der Ehrung des großen Mitbürgers der Stadt: Im Rahmen des Projektes „Klar!?" wurden junge Leute, Schüler des Geraer Zabel-Gymnasiums mit ihrer Kunsterzieherin Gabriele Fischer mit dem Schaffen Dietzsch's vertraut gemacht. Im Beratungsareal der Sparkasse sind etwa 60 Werke des Meisters zu betrachten. Uwe Müller vom Referat Kommunikation als Gastgeber konnte Thüringer Fachberater des Kunstbereichs und vom Kunstfreunde-Verein den 2. Vorsitzenden Erhard Lemm sowie Jürgen Griesser begrüßen. Zum Mitnehmen für die jungen Kunstinteressenten lag die Broschüre „Klar!?" aus, herausgegeben vom Verein und der WBG Elstertal. Um der Wertschätzung für den Künstler ein weiteres Mosaiksteinchen hinzuzufügen, plant der Verein zusammen mit der Stadt eine Ausstellung zum Gesamtschaffen des Künstlers. Möglich wäre auch nur die Darstellung der Cartoon-Werke. Von Interesse könnte desgleichen ein Büchlein sein, das Eb zusammen mit einem Journalisten von „Neues Gera" herausgeben wollte. Dessen Thema: Erlebnisse aus DDR-Zeiten. 

Vorhaben dieser Größenordnung kann der Verein weder finanziell noch personell allein stemmen, so sehr sich Vereins-Chef Dr. Matthias Hager, Vize Erhard Lemm, Sparkassen-Vorstandschef Dr. Hendrik Ziegenbein sowie zwei, drei weitere Sponsoren auch anstrengen mögen. Deshalb wurden die Zuständigen in der Stadtverwaltung um Unterstützung gebeten. Antwort: Bei der derzeitigen Kassenlage seien Fördermittel oder anderweitige Unterstützung nicht möglich. 

 

Mag ja sein. Der überragende Künstler Eb Dietzsch hat der Stadt Gera viel Ruhm und Ansehen gebracht. Er bestritt oder beteiligte sich im Inland wie im Ausland an Ausstellungen von beträchtlicher Resonanz. Mal als Überlegung: Wenn schon Gera eine prekäre Finanzlage aufweist, wie wäre es wenigstens mit der Ehrung von Eberhard Dietzsch als Ehrenbürger der Stadt? Dem großartigen Maler Otto Dix wurde sie zuteil, obwohl er nachweislich mit Gera wenig im Sinn hatte. Dennoch unternahmen mehrere Stadtobere den Versuch, Dix mit dem Titel Otto-Dix-Stadt zu ehren. Dem bedeutenden Künstler Dietzsch gebührt Würdigung ebenso. Sein 85. Geburtstag wäre ein guter Anlass.

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