Gesellschaft

Streifzug durch die Geraer Geschichte

Eckhard Müller mit dem „Einnahmen- und Ausgabenbuch der reussischen Herrschaft Gera aus dem Jahre 1699“ in der Hand. Foto: V. Fischer

Erschienen am 07.02.2023

Von Volkmar Fischer 

Gera (NG). Im Fokus der ersten Veranstaltung der Fachgruppe Heimatgeschichte des Kulturbundes Gera in diesem Jahr standen historische Dokumente, Bücher und Schriftstücke zur Geschichte Geras aus der privaten Sammlung im Ferberschen Haus. Im gut besuchten Vortragsraum konnten Bücher, Dokumente und Urkunden aus dem großen Sammlungsschatz von Eckhard Müller, Vorsitzender des Kulturbundes Gera bestaunt werden. Der profunde Kenner der Geraer Heimatgeschichte machte die interessierte Zuhörerschaft vertraut mit seinen Recherchen zum großen Stadtbrand von 1780, mit der Kopialurkunde aus dem Jahre 1737, die genau 500 Jahre nach der Datierung des Gründungsdokumentes der Stad Gera gefertigt wurde, mit Dokumenten zu den Ehrenbürgern der Stadt Gera oder zur wechselvollen Geschichte des Schreiberschen Hauses, mit Einzelheiten zur Person von Wilhelm Weber, dem Oberbürgermeister von Gera in den Jahren 1865 bis 1872 sowie zu dessen verdienstvollem Wirken für das Aufblühen der Stadt. 

Ob seiner erfolgreichen und verdienstvollen Amtszeit hätte Wilhelm Weber durchaus die Verleihung der Ehrenbürgerwürde zugestanden. Doch die wurde erstmalig im Jahre 1877 an Friedrich Louis Metz verliehen, einem engagierten Mitglied des Geraer Stadtrats. Kopfschüttelnd nahmen die Zuhörer zur Kenntnis, dass „durch einen merkwürdigen Beschluss" (O-Ton E. Müller) des Geraer Stadtrates aus dem Jahre 1957 rückwirkend zum 7. Oktober1949 alle bis dato verliehenen Ehrenbürgerwürden erloschen. Merkwürdig deshalb, weil die in den Jahren 1933-1945 an Nazigrößen wie Hitler, Frick und Sauckel verliehenen „Ehrenbürgerschaften" nach dem Kriege ohnehin für null und nichtig erklärt worden waren. Dieser Regelung fiel leider auch die 1900 an den verdienstvollen Geraer Unternehmer Walther Fürbringer verliehene Ehrenbürgerschaft zum Opfer. 

Mit einer weit verbreiteten Mär räumte Eckhard Müller in dem Kapitel über den verheerenden Stadtbrand vom 18. September 1780 in Gera - verursacht durch Brandstiftung - auf. Er verstehe zwar, dass es sich touristisch gut vermarkten lasse, den Besuchern Geras zu erzählen, dass beim Stadtbrand das Schreibersche Haus auf dem Nikolaiberg als einziges vom Feuer verschont geblieben sei, weil dessen Besitzer vorher einer Zigeunerfamilie Zuflucht gewährt hatte. Aber mit einem Blick in die Dokumente aus der Regentschaft von Heinrich XXX. Reuss (1748 bis 1802) erfährt man die wahre Geschichte des Schreiberschen Hauses. Auch dieses Objekt wurde arg in Mitleidenschaft gezogen. Denn der Besitzer Schreiber hatte im selben Jahr zur Beseitigung der Brandschäden einen Antrag zur Befreiung von den Kriegssteuern gestellt. 

Einem sehr traurigen Kapitel in der Stadtgeschichte widmete sich Eckhard Müller im letzten Teil seines Vortrags. Anhand von dokumentierten Aufzeichnungen machte er auf die Grässlichkeit des 2. Weltkrieges in Gera aufmerksam Der erste Bombenabwurf auf Gera sei am 18. August 1940 im Bereich des Bahnhofes Liebschwitz erfolgt. Nach dem Luftangriff mit 300 Bomben am 12. Mai 1944 seien 85 Menschenleben zu beklagen gewesen. Weitere Bombenangriffe auf Gera sind in den Unterlagen von Müller in den Jahren 1944 unf 1945 vermerkt. 

Der verheerendste Angriff erfolgte am 7. April 1945 in sieben Wellen mit Spreng- und Brandbomben. Dabei wurden 142 Menschen getötet und durch die Zerstörung zahlreicher Wohnhäuser wurden über 8.000 Geraer obdachlos.

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