Kultur

Drei Jahrzehnte im Zeichen der Bildung

Michael Kosse blickt auf 30 Jahre als Schulleiter an Geraer Schulen zurück

Erschienen am 25.11.2020

Eigentlich sollte im März 2020 das 111. Jubiläum der Schule gefeiert werden. Am 16. März verschwanden jedoch alle Planungen erst einmal in der Schublade, denn bis zum 4. Mai blieb die Debschwitzer Schule geschlossen. „Der Lockdown stellte uns vor neue kreative Aufgaben", erinnert sich Schulleiter Michael Kosse. „In den drei Wochen vor den Osterferien haben wir es geschafft, jeder Klasse über unsere Webseite regelmäßig Hausaufgaben zur Verfügung zu stellen." Die Lehrer mussten viel hinzulernen, was durch Selbststudium und einige Weiterbildungen recht gut gelang. Im zweiten Schritt wurde der Kontakt zu den Kindern ausgebaut. Über E-Mail und Telefon wurden Fragen beantwortet oder die Ergebnisse auswertet. Dennoch, so resümiert Michael Kosse, ist diese Zeit immer noch eine große Herausforderung. Die komplizierten Hygieneregeln im eingeschränkten Schulbetrieb mussten umgesetzt werden. Die 5. und 6. Klassen wurden in Lerngruppen unterteilt und parallel in verschiedenen Räumen unterrichtet. Ab der 7. Klasse fand ein 14tägiger gestaffelter Unterricht statt. Großes Augenmerk legte man auf die 10. Klasse, die sich in der Prüfungsvorbereitung befand. „Ich erwarte keine schlechteren Abschlussquoten, als im letzten Jahr", freut sich Michael Kosse.

Der 60-Jährige ist seit 30 Jahren hintereinander als Schulleiter tätig, wobei er seit 2009 an der Debschwitzer Regelschule dieses Amt inne hat. Bereits 1990 übernahm er diese Aufgabe in der ehemaligen Karl-Marx-Oberschule, jetzt die Grundschule am Bieblacher Hang. Mit Inkrafttreten des neuen Thüringer Schulgesetzes, die eine Einteilung in Grundschule, Regelschulen und Gymnasien vorsieht, wurde er Schulleiter in der Regelschule 4 in der Rudolstädter Straße in Lusan. In diesen 30 Jahren sei viel passiert, meint Michael Kosse. „Der Schulalltag hat sich geändert, der Schule ist eine erweiterte Aufgabe zugefallen", erinnert er sich, denn Schule sei zudem ein Spiegel der Gesellschaft. Zum einem wachsen viele Kinder viel behüteter auf, die Eltern nehmen ihnen Vieles ab. Das beginnt mit dem Fahrdienst zum Unterricht und endet mit der Organisation von Freizeitangeboten. „Hierbei", so Michael Kosse, „sollten die Eltern ihren Kindern mehr Selbstständigkeit zutrauen." Im anderen Extrem seien einige Kinder zu viel allein, haben es nicht gelernt, sich zu organisieren. Hier müsse die Schule jetzt die Pionierarbeit leisten. Während der Pandemie habe sich außerdem gezeigt, wie unterschiedlich die technischen Voraussetzungen in den Familien sind. Das gehe von vollständig eingerichteten Computerarbeitsplätzen bis zum Familienhandy mit limitiertem Internetvolumen. Dazu käme weiterhin das unterschiedliche Interesse der Eltern an den digitalen Medien. Auch die Schwerpunkte beim schulischen Lernen haben sich geändert. Heute muss viel in Basiswissen, in Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit investiert werden und das soziale Miteinander hat einen viel größeren Stellenwert bekommen. Die Schnelligkeit im Alltag, wie etwa in den sozialen Medien, lassen kaum tiefgründige Überlegungen zu. Man verliert dabei schnell das Gefühl für Zahlenwerte und auch die Rechtschreibleistung ist nicht mehr so, wie vor 30 Jahren. „Diesen aktuellen Gegebenheiten muss der Unterricht Rechnung tragen", weiß Michael Kosse. Dennoch meistern die Kinder überwiegend ihren schulischen Alltag gut bis sehr gut, habe er festgestellt. Es gäbe kein Grund zur Besorgnis. Viele Schüler hätten sich richtig gefreut, als im Mai die ersten Schulstunden wieder stattfanden. „Die Zeit des Lockdowns haben wir intern genutzt, um unsere Schulverwaltung auf das Portal Edupage umzustellen", berichtet Michael Kosse. „Mit diesem System können Lehrer, Schüler und Eltern im ständigen Kontakt bleiben. Klassenbücher, Anwesenheit, Stundenpläne und Hausaufgaben lassen sich hier komfortabel verwalten. Ich setze darauf, dass wir mit diesem System die nächsten Jahre besser arbeiten können."

Doch zunächst bestimmen die geltenden Hygieneregeln die Planung des Schulbetriebes, auch wenn laut Thüringer Bildungsministerium der Regelbetrieb mit dem neuen Schuljahr wieder aufgenommen werden soll. „Neben einem ganz normalen Stundenplan muss eine Alternative mit Abstandsregeln und reduzierter Klassenstärke erarbeitet werden", so Michael Kosse. „Letztendlich müssen wir reagieren, um von heute auf morgen umstellen zu können."

Mit Dankbarkeit schaut Michael Kosse auf seine Berufslaufbahn zurück. Er arbeitete von 1984 bis 1990 als Lehrer. „Ich habe einen Beruf gewählt, der mich zufrieden macht. Allerdings will auch jeder mitreden, denn alle sind einmal in die Schule gegangen und kennen sich aus", weiß der heutige Schulleiter.

Immer wieder freut er sich über Schulprojekte. Vor Kurzem haben sich Schüler mit den Kinderrechten der Vereinten Nationen auseinandergesetzt und ihre Gefühle in Skulpturen ausgedrückt. Anhand dem Siegermodell schuf die Weidaer Firma Holzschmiedekunst Ronny Zeuner eine Holzplastik, die seit dem 18. Juni den Rasen vor der Schule ziert. Wie und wann das 111. Jubiläum der Debschwitzer Schule zur Schulgründung am 27. März 1909 nachgeholt wird, kann Michael Kosse im Moment nicht sagen. Das Programm, eine Zeitreise mit ehemaligen Schülern der Schule, wartet noch in den Startlöchern.                      

Wolfgang Hesse

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