Sport

Karriere-Aus mit 27 Jahren

Für Vorwärts Dessau und Wismut Gera bestritt Michael Klammt in den 1980er Jahren 123 DDR-Liga-Partien. Foto: Jens Lohse

Erschienen am 14.11.2023| Jahrgang: NG 23/23

Von Jens Lohse Gera (NG). Michael Klammt wollte eigentlich Boxer werden. „Als ich mich mit acht Jahren aber im Verein vorgestellt habe, hat man mir gesagt, ich sei noch zu jung. Da bin ich eben zu den Fußballern gegangen", verrät der 64-Jährige, der zwischen 1981 und 1987 die Defensive von DDR-Ligist BSG Wismut Gera gestärkt hatte. Sein erster Trainer Erich Tenneberg hatte selbst mit den Orange-Schwarzen in den 1970er Jahren zwei Oberliga-Aufstiegsrunden bestritten und leitete während seiner Laufbahn die Schul-AG an der Bergschule. „Von da bin ich dann zu Wismut Gera gekommen. Wir haben in der Gagarinstraße gewohnt. Zu Fuß ging es immer zum Training, zweimal in der Woche im Verein und zweimal in der Woche zum Fördertraining im Trainingszentrum", weiß Michael Klammt noch, der auch bei Harald Krause trainierte. Von Anfang an agierte er als Verteidiger, wurde nur selten im Mittelfeld aufgestellt. Ihm wurde nichts geschenkt. Fleiß und tägliche harte Arbeit auf dem Trainingsplatz zeichneten ihn aus. Seine erste große Bewährungsprobe hatte der Defensivspieler in der Nachwuchsoberliga zu bestehen. Nach dem Aufstieg von Wismut Gera 1977 in die höchste DDR-Spielklasse bestritten die Nachwuchsteams der Oberligisten stets die Vorspiele. „Eigentlich hat die Mannschaft auch an den Vormittagen trainiert. Weil ich aber eine Lehre zum Schlosser absolviert habe, musste ich viele Einheiten für mich allein an den Nachmittagen nachholen", erinnert sich Michael Klammt. Im Büro des BSG-Vorsitzenden Karl Muschitz unterschrieb er im Anschluss an die Ausbildung seinen ersten Profi-Vertrag, wechselte anschließend aber schnell zu Vorwärts Dessau. „Ich wollte mich fußballerisch weiterentwickeln, bin deshalb zu Otto Fräßdorf gegangen. Der einstige DDR-Nationalspieler war mein Trainer bei der Vorwärts-Reserve, die in der Bezirksliga Halle kickte", erzählt Michael Klammt, der nicht in der Kaserne wohnte und auch sonst mit Ausnahme der Grundausbildung keinen weiteren Bezug zur Armee hatte. Oft fuhr er mit dem Motorrad von Dessau nach Gera nach Hause. Oberliga-erfahrene Spieler wie Torwart Joachim Niklasch oder Angreifer Andreas Bornschein gehörten zu seinem Team. 

Im November 1981 kehrte Michael Klammt zu Wismut Gera zurück. Trainer Hans Speth förderte die jungen Spieler und legte Wert auf einen technisch gepfegten Fußball. In der Saison 1982/83 avancierte der Rechtsverteidiger zum Stammspieler und kam in seinen 20 Partien gegen Weimar, Nordhausen und Sondershausen auch zu drei Treffern. Anschließend bestritt er auch alle acht Partien in der Oberliga-Aufstiegsrunde ohne Auswechslung. „An den Gewitterguss gegen Chemie Leipzig am 1. Mai 1983 erinnere ich mich noch genau. Sonst verloren sich tausend Zuschauer in der großen Stadionschüssel. Damals war mit 18.000 Besuchern die Hütte voll. Wir waren vorher im Trainingscamp in Ronneburg. Die Vorfreude war enorm. Ich habe gegen Jörg Leitzke gespielt, den ich in der ersten Halbzeit beim Gegentor aus den Augen verloren habe. Im Fernsehen haben sie fast nur Bilder der zweiten Hälfte gezeigt. Vor der Pause war es im Dauerregen zu dunkel für die Kameras", berichtet Michael Klammt. Nach der 0:2-Niederlage zum Auftakt ging es anschließend zu Schiffahrt/Hafen Rostock. „Ich habe gegen Heinz Pinkohs gespielt. Das war ein erfahrener Stürmer, der mir das Leben trotz seiner schon 40 Jahre enorm schwer gemacht hat", verrät der Verteidiger, der mit seiner schwachen Leistung beim 2:3 seinen Trainer Hans Speth so verärgerte, dass der den Mannschaftsbus auf der Rückfahrt fast ohne Pause nach Gera durchfahren ließ. Nach dem 0:3 gegen Stahl Riesa zu Hause war der Wismut-Traum vom Aufstieg schon nach drei Partien beendet. Nach einem famosen Schlussspurt mit zwei Siegen gegen Stahl Brandenburg beendete Wismut die Aufstiegsrunde auf Rang vier. 

Auch in den folgenden drei Spielzeiten war Michael Klammt nicht aus dem Team zu verdrängen. Der 3. Mai 1987 war dann jener schicksalhafte Tag, an dem die leistungssportliche Laufbahn von Michael Klammt zu Ende ging. Gegen Glückauf Sondershausen zog sich der damals 27-jährige bei einem Durcheinander im Torraum durch ein Tackling seines Mitspielers Michael Böttner einen Seitenbandabriss im Knie samt Knorpelschaden zu. „Das war es für mich nach 123 Liga-Einsätzen. Zwar habe ich noch etwas bei der WSG Wismut Bieblach und bei Elektronik Gera unter Trainer Michael Strempel gespielt. Aber an Leistungssport war nicht mehr zu denken", so Michael Klammt, den es nach der politischen Wende nach Niedersachsen verschlug, wo er erst beim TSV Venne und dann acht Jahre als Spielertrainer beim SC Herringhausen dem runden Leder nachjagte. 

Inzwischen ist er im Osnabrücker Vorort Holzhausen zu Hause. Als Sohn Dominik Klammt für Wismut Gera in der Oberliga stürmte, besuchte er immer mal ein Spiel der Orange-Schwarzen. Kontakt zum Geraer Fußball hält er über seinen Bruder Peter Klammt und Mitspieler wie Uwe Neuber und Matthias Kaiser, mit denen er sich über alte Fußball-Geschichten austauscht.

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